Ziel der Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesfinanzhof

Die vor dem Finanzgericht (FG) unterlegene Partei kann gegen das Urteil des Finanzgerichts Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) einlegen. Er ist die höchste Instanz der Finanzgerichtsbarkeit.

Allerdings ist die Revision zulassungsabhängig.

Sie setzt also voraus, dass zuvor der Weg zur Revision durch Zulassung (der Revision) durch das FG eröffnet worden ist.

Hat das FG die Revision nicht ausdrücklich zugelassen, so kann die Revisionszulassung im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) durchgesetzt werden.

Wenn Sie also Ihren Rechtsstreit vor dem FG verloren haben und das FG die Revision nicht ausdrücklich zugelassen hat, dann ist die Sache noch immer nicht endgültig verloren.

Die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision

Statistisch gesehen sind die Erfolgsaussichten einer NZB zum Bundesfinanzhof eher gering.

Mehr als 40% der Beschwerden werden vom BFH bereits als unzulässig verworfen, weil sie nicht den sehr hohen Darlegungsanforderungen für die Begründung einer NZB genügen.

Diese Darlegungsanforderungen stellen für viele Berater unüberwindliche Hindernisse dar.

Nur mit fundierten Kenntnissen des Revisionsrechts sind diese Hürden überwindbar.

Es reicht nicht aus, im Beschwerdeverfahren einfach nur vorzutragen, wie falsch das Finanzgerichtsurteil (aus Sicht des Beschwerdeführers) ist.

Es ist falsch, mit der NZB den Eindruck zu hinterlassen, als ginge es darum, materiell-rechtliche Fehler des FG aufzuzeigen.

Es reicht also nicht aus, die Fehler der angefochtenen Entscheidung (des FG) darzulegen. Darzulegen ist ausschließlich der Revisionszulassungsgrund.

Der Beschwerdeführer muss substantiiert darlegen, auf welchen der in § 115 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) genannten Revisionszulassungsgründe er die NZB stützt und aus welchen Umständen sich entnehmen lässt, dass die Voraussetzungen für das Vorliegen des geltend gemachten Zulassungsgrundes erfüllt sind.

Die mit der NZB darzulegenden Revisionszulassungsgründe sind also von der materiell-rechtlichen Richtigkeit des Urteils deutlich zu unterscheiden.

Die Revision ist vom BFH nach § 115 Abs. 2 FGO dann zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert oder ein Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die Entscheidung (des FG) beruht.

Verfahrensverstöße des Finanzgerichts

Nach § 115 Abs. 2 FGO kommt als Revisionszulassungsgrund u.a. in Betracht:

Ein Verfahrensfehler, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Ein relevanter Verfahrensfehler liegt z.B. vor, wenn das Finanzgericht seine Aufklärungspflicht nach § 76 FGO verletzt, indem es die vom Kläger beantragte Beweiserhebung nicht durchführt.

Nach § 76 FGO hat das Finanzgericht den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen. Zwar ist das Finanzgericht an das Vorbringen und die Beweisanträge der Beteiligten nicht gebunden, es darf aber auf die von einem Beteiligten beantragte Beweiserhebung nur verzichten, wenn das Beweismittel für die zu treffende Entscheidung unerheblich ist, wenn die in Frage stehende Tatsache zugunsten des Beweisführenden als wahr unterstellt werden kann, wenn das Beweismittel unerreichbar oder wenn das Beweismittel unzulässig oder absolut untauglich ist.

Allerdings kann der Kläger sein Recht zur Rüge dieses Verfahrensmangels verloren haben.

Ein Verfahrensmangel kann nämlich nicht mehr erfolgreich geltend gemacht werden, wenn er eine Verfahrensvorschrift betrifft, auf deren Beachtung die Beteiligten verzichten können und - ausdrücklich oder stillschweigend - verzichtet haben.

Zu diesen verzichtbaren Mängeln gehört auch das Übergehen eines Beweisantrags.

Das Rügerecht geht bereits durch das bloße Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge verloren, und zwar unabhängig von einem Verzichtswillen.

Der Verfahrensmangel muss in der nächsten mündlichen Verhandlung gerügt werden, in der der Rügeberechtigte erschienen ist.

Sorgen Sie dafür, dass sich aus dem Sitzungsprotokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht entweder Ihre ausdrückliche Rüge der Nichterhebung des Beweises ergibt, oder dass Sie den Beweisantrag gestellt und so zum Ausdruck gebracht haben, dass die Nichterhebung des Beweises durch das Finanzgericht verfahrensfehlerhaft sei.

—————————————————————

Verfahrensverstöße des Finanzgerichts

Mit dem Revisionszulassungsgrund Verfahrensmangel soll die Einhaltung eines korrekten Verfahrens nach den Vorschriften der FGO gewährleistet werden.

Ein solcher Verfahrensmangel liegt z.B. vor, wenn das erkennende Gericht nicht vorschriftsmäßig besetzt war.

Nach Artikel 101 Grundgesetz darf niemand seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.

Welcher zur Entscheidung berufene Richter im Einzelfall zuständig ist, ist durch einen Geschäftsverteilungsplan im Voraus generell-abstrakt und hinreichend bestimmt zu regeln, so dass Manipulationen auf die Rechtsprechung ausgeschlossen sind.

Genügt die Geschäftsverteilung des Finanzgerichts diesen Anforderungen nicht, so ist das Gericht, welches seine Zuständigkeit aus ihm ableitet, nicht ordnungsgemäß besetzt.

Also ist es Aufgabe des Steueranwalts die Recht- und Verfassungsmäßigkeit der Geschäftsverteilung auf jeden Rechtsverstoß hin zu untersuchen.

In einem Fall aus meiner Praxis ergab sich aus dem Geschäftsverteilungsplan nicht hinreichend deutlich, in welcher Reihenfolge die Ersatzrichter zur Vertretung berufen sind.

Ausdrücklich geregelt war lediglich der Fall, in dem alle Ersatzrichter eines Senats verhindert sind.

Nicht geregelt war dagegen, welcher der angegebenen Ersatzrichter eines Senats zuerst als Vertreter in Anspruch genommen wird.

Dieser Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters stellt gemäß § 119 Abs. 1 Nr. 1 FGO einen absoluten Revisionsgrund dar. In diesem Fall wird die Entscheidungskausalität durch das Gesetz vermutet.

Es braucht also nicht wie sonst dargelegt werden, dass der Verfahrensmangel für die Entscheidung kausal ist.

—————————————————————

Die Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesfinanzhof

Vor dem BFH besteht Für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde Vertretungszwang, aber kein Anwaltszwang (§ 62 Abs. 4 FGO).
Vertretungsberechtigt sind alle Rechtsanwälte, Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, sowie die Gesellschaften im Sinne von § 3 Steuerberatungsgesetz, die durch solche Personen handeln. Doch immer wieder berichten mir Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, dass sie doch gar nicht wissen (könnten) wie das geht, weil sie nie oder ganz selten vor einem Finanzgericht, geschweige denn vor dem BFH zu tun haben.

Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde

Worauf kommt es also für die Nichtzulassungsbeschwerdebegründung an?
Nach § 116 Abs. 3 FGO ist der Revisionszulassungsgrund darzulegen. Es müssen also die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden.
Nach § 115 Abs. 2 FGO kommt ausschließlich als Revisionszulassungsgrund in Betracht:

1. die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung,
2. die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs oder
3. ein Verfahrensfehler, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Bei diesem Darlegungserfordernis handelt es sich um eine formelle Zulassungsvoraussetzung.

Ist also die Nichtzulassungsbeschwerde in diesem Punkt unzulänglich begründet, wird sie vom BFH als unzulässig verworfen und zwar ohne dass der BFH das tatsächliche Vorliegen eines Revisionszulassungsgrunds prüft. Die Nichtzulassungsbeschwerde kann also nicht auf die bloße Rüge gestützt werden, die angefochtene Entscheidung sei falsch. Denn die Fehlerhaftigkeit einer Entscheidung allein gibt keinen Rechtsmittelzulassungsgrund.

Es kommt also - von der Verfahrensrüge abgesehen - auf das Interesse der Allgemeinheit an, dass der Fall durch den BFH beschieden wird.
Dies wird besonders deutlich am Rechtsmittelzulassungsgrund „Grundsatzbedeutung“:

Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann, oder wenn andere Auswirkungen des Rechtsstreits auf die Allgemeinheit deren Interesse im besonderen Maße berühren und ein Tätigwerden des BFH erforderlich machen.

—————————————————————

„Finanzämter liegen häufig falsch“

Revision

Nach dem aktuellen Geschäftsbericht des Bundesfinanzhofs für das Jahr 2021 waren bei Rechtsstreitigkeiten im Steuerrecht die Steuerpflichtigen in rund der Hälfte (49%) der Revisionsverfahren, in denen die eigentlichen Sachfragen des Steuerrechts entschieden werden, erfolgreich. Daraus folgt, dass den Finanzämtern bei der Steuerfestsetzung sehr viele Fehler unterlaufen.

Nichtzulassungsbeschwerde

Daher lohnt es sich, wie auch der folgende Fall aus meiner Praxis wieder eindrucksvoll zeigt, die Erfolgsaussichten einer Nichtzulassungsbeschwerde sorgfältig zu prüfen.

Bei den Finanzgerichten entscheiden Senate, bestehend aus drei Richtern und zwei ehrenamtlichen Richtern, soweit nicht ein Einzelrichter entscheidet.

Nach § 6 FGO kann der Senat den Rechtsstreit unter bestimmten Voraussetzungen einem seiner Mitglieder als Einzelrichter übertragen. Nach § 21g (GVG) Gerichtsverfassungsgesetz muss jeder Senat einen sog. kammerinternen Geschäftsverteilungsplan haben, der vor Beginn des Geschäftsjahres aufgestellt sein muss.

Welches Senatsmitglied den jeweiligen Streitfall als Einzelrichter übernimmt, muss auf Grund einer abstrakt-generellen Regelung in diesem Geschäftsverteilungsplan im Vorhinein bestimmbar festgelegt sein. Ist dies nicht der Fall, so ist der Anspruch auf den gesetzlichen Richter verletzt. Damit liegt ein rügefähiger Verfahrensmangel vor.

—————————————————————

Die Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesfinanzhof

Immer wieder bin ich überrascht, wenn mir Steuerbürger berichten, dass sie den Finanzrechtsstreit ohne Steuerberater oder Rechtsanwalt selbst geführt haben.

Angesichts des hohen Niveaus sowie einer zunehmenden Macht und Effizienz der Finanzverwaltung steht der Steuerbürger ohne professionelle Unterstützung (fast immer) auf verlorenem Posten. Hinzu kommt, dass man als persönlich Betroffener nie die notwendige Distanz bzw. Objektivität hat, um die eigene Position realistisch einzuschätzen.

Spätestens wenn eine Klage vor dem Finanzgericht zu erheben ist, benötigen Sie einen erfahrenen Steueranwalt, um Ihre Interessen optimal zu vertreten. In einem mir gerade zugetragenen Fall hatte das Finanzamt nach einer Außenprüfung Steuernachforderungen in Höhe von rund € 300.000 ermittelt und entsprechende sog. Auswertungsbescheide erlassen.

Der Steuerpflichtige unterlag im (selbst geführten) Finanzgerichtsprozess und erhob - wieder allein - Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesfinanzhof.

Die Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde beginnt mit einigen Worten zu seiner Person. Sodann wird sehr umfangreich geschildert, wie sehr sich der Finanzrechtsstreit auf den Familienfrieden und die Gesundheit ausgewirkt haben. Auch die weiteren Ausführungen waren rechtlich unerheblich. Denn:

Vor dem Bundesfinanzhof muss sich jeder Beteiligte durch einen Angehörigen der steuerberatenden Berufe vertreten lassen. So stand es auch in der Rechtsmittelbelehrung des Finanzgerichts. Daher war die Nichtzulassungsbeschwerde als unzulässig zu verwerfen.

Das sagen Mandanten über mich:
70 Top Bewertungen auf anwalt.de